Anlässlich der jährlichen Mitgliederversammlung am 29. Juni in Köln (Protokoll) wurden der Studienstiftung des deutschen Volkes durch den Verein der Freunde und Förderer 125.000 Euro übergeben. Das Geld nahm Dr. Jörn Weingärtner (Foto, links) als Vertreter der Leitung der Studienstiftung aus den Händen unseres Schatzmeisters Gero von Kietzell in Empfang. Von 1980 bis 2012 wurden insgesamt nunmehr 3.034.829 Euro übergeben.
Höhepunkt der Sitzung war die Vergabe des Johannes-Zilkens-Promotionspreises 2012 an Frau Dr. Anne Friedrichs (Foto, links) sowie an Frau Dr. Stefanie Gänger (in der Mitte des Fotos: Prof. Dr. Wolfgang Jacobmeyer, Vorstandsvorsitzender des Vereins).
Frau Dr. Friedrichs hat Mittlere und Neuere Geschichte und Kulturwissenschaften in Deutschland, Frankreich und England studiert. Von 2006 bis 2008 wurde sie durch die Studienstiftung gefördert. Jetzt ist sie als Referentin für Berufungs- und Forschungsmanagement in der Hochschulleitung der Leuphana Universität Lüneburg tätig. In ihrer 2011 veröffentlichten Dissertation hat Frau Dr. Friedrichs untersucht, wie die imperialen Nationalstaaten Großbritannien und Frankreich in der Zeit von 1919 bis 1968 ihr eigenes Geschichtsbild mit historiographischer Autorität ausgestattet haben. Die vergleichend angelegte Studie kann für beide Untersuchungsfelder überzeugend nachweisen, dass die imperiale Dimension keine Nebensache war, sondern konstitutiv für die Bildung nationaler Identität. Denn die Geschichtswissenschaft rechnet zum kulturellen Apparat, der Herrschaft durch Geschichts- und Kulturpolitik absichert. Wo britische und französische Historiker historische Prozesse, Strukturen, Ursachen und Folgen analysierten, offerierten sie zugleich nationale, liberale und republikanische Glaubenssätze, Heilsversprechen und Schuldzuweisung. Vor allem auf der Ebene der von ihnen verfassten Handbücher erläuterten sie den Sinn des „Empire“, dessen „zivilisatorische Mission“, und reichten diese Sinn-Konstrukte an die nachwachsende Generation in Wissenschaft und Gesellschaft weiter. Ihren Vortrag, mit dem sie die Besucher der Mitgliederversammlung unseres Vereins erfreute, können Sie hier nachlesen: Vortrag Friedrichs Preisverleihung 2012.pdf
Frau Dr. Gänger hat Geschichte in Deutschland, Spanien und England studiert. Von 2008 bis 2011 wurde sie durch die Studienstiftung gefördert. Jetzt ist sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neuere Geschichte (Prof. Dr. Osterhammel) der Universität Konstanz tätig. In ihrer noch un-veröffentlichten Dissertation hat sie die Wissenschaftsgeschichte von Sammlungen und Studien vor-spanischer Altertümer in Peru und Chile zwischen 1830 und 1910 untersucht. Sie hat dabei unbekannte Wissensbestände, Akteure und Praktiken sichtbar gemacht, die dem Blick und dem Interesse einer europaverhafteten Forschung verborgen waren. Die Überlieferung vorspanischer Antiquitäten lässt sich in Museen wie Militärkasernen finden, im Fundus gelehrter Gesellschaften ebenso wie als Überreste des Schienenbaus, in den Salons der Oberschicht oder bei Antiquitätenhändlern. Deshalb zeichnet die Untersuchung Frau Gängers sehr unterschiedliche soziale und kulturelle Lebenswelten als „Fundorte“ – die Geschichte des Sammelns jenseits der Sammlungen. Knotenschriften der Inkas („Khipus“) etwa waren bis in republikanische Zeit hinein in den Anden gebräuchlich und verwandelten sich erst in den Händen der Antiquare Limas zu „Antiquitäten“. Die methodische Einsicht, die uns in Fragen der schriftlichen Überlieferung geläufig ist, dass eine Quelle nicht sogleich eine „Quelle“ ist, sondern erst durch eine Forschungsfrage dazu wird, bestätigt sich hier auf dem Felde der materiellen Kultur. Den Vortrag von Frau Dr. Gänger, mit dem sie unsere Mitgliederversammlung bereicherte, können Sie hier nachlesen: Vortrag_Gaenger_Preisverleihung 2012.pdf
Der Preis, dessen Name die Erinnerung an den Vereinsgründer bewahrt, beträgt je 5.000 Euro. Die Verwendung des Preisgeldes ist an Auflagen nicht gebunden. Der Preis soll es ermöglichen, daß die Preisträgerinnen nach der Promotion ihre wissenschaftliche Arbeit vertiefen und verstetigen. In diesem Jahr ist der Preis der Wissenschaftsgeschichte gewidmet.
Versammlungsort war das Rautenstrauch-Joest Museum in Köln. Im Anschluss an die Versammlung konnten die Teilnehmer die im Oktober 2010 neu eröffnete Ausstellung erleben. Es führte uns Herr Direktor Prof. Dr. Klaus Schneider (Foto).